Tagesausflug nach Eisenach

Tagesausflug nach Eisenach

Für unseren diesjährigen Tagesausflug am 5. September 2015, musste aufgrund der großen Nachfrage  ein größerer Bus wie ursprünglich geplant geordert werden.  So konnte der 1. Vorsitzende Herwig Stein 49 Reisende begrüßen.  Der Organisator dieser Fahrt, Hartmut Winkler, machte uns zunächst mit dem Tagesablauf bekannt.  

Am Fuß der Wartburg angekommen hatten wir die Möglichkeit, die letzten Meter per Esel, mittels Shuttlebus oder zu Fuß den Aufstieg zu bewältigen. Die Esel wurden verschmäht, einige nahmen den Fahrdienst in Anspruch und die meisten mühten sich über scheinbar endlose Treppenstufen hinauf zur Burg, die seit 1999 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Die Anlage der über 900 Jahre alten Burg ist gewaltig, sie besteht aus mehreren Höfen und Fachwerkhäusern und thront von weitem sichtbar über der Stadt Eisenach. 40.000 Tonnen Steine sollen zum Bau der Wartburg verwendet worden sein!

Der Sage nach soll Ludwig der Springer die Gründung der Wartburg mit den folgenden Worten verkündet haben: „Wart! Berg, du sollst mir eine Burg werden!“ seine Nachkommen, beginnend mit seinem Sohn Ludwig I., stellten ab 1130  die Landgrafen von Thüringen, bis 1247 Heinrich Raspe der letzte Landgraf von Thüringen auf der Wartburg stirbt.

Unser Führer erwartete uns vor dem  Palas (repräsentativer Saalbau einer mittelalterlichen Burg) und machte uns zunächst mit der Geschichte der Wartburg vertraut. Die Burg im jetzigen Zustand stammt aus dem 18./19. Jahrhundert. Der Palas wurde 1847 bis 1870 auf Veranlassung von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach in umfassender Weise durch den Giessener Architekten Hugo von Ritgen restauriert. Ritgen ist uns bekannt durch die Renovierung der Burgen Staufenberg und Gleiberg, sowie der Kapelle auf dem Alten Friedhof in Gießen, wo Ritgen auch begraben liegt.

Unsere Führung begann in den Privatgemächern der Landgrafen. Vom schlichten Rittersaal, der ursprünglich als Schlafsaal diente, gelangten wir in den Speisesaal mit seinen kostbaren Wandteppichen und von dort kamen wir in die prunkvoll ausgestatte Elisabethkemenate mit ihren farbenprächtigen Mosaiken. Sie zeigen Szenen aus dem ehemals weltlichen Leben der Prinzessin Elisabeth von Ungarn. Das aus 4,5 Millionen Glassteinchen bestehende Mosaik wurde erst später, zwischen 1902 und 1906 eingefügt und war ein Gastgeschenk des letzten deutschen Kaisers, der sich häufig  auf der Wartburg aufhielt.

Über viele weitere Treppenstufen gelangten wir zur Kapelle aus dem 14. Jahrhundert und von dort in die Elisabeth-Galerie, wo wir die Geschichte der Heiligen Elisabeth hörten. In dieser Galerie stellte der Maler Moritz von Schwind den Lebensweg der heiligen Elisabeth dar und wies mit den „sieben Taten der Barmherzigkeit“ auf ihre karitative Bedeutung hin.

Die sechs großen Fresken zeigen:

  • die Ankunft der vierjährigen Prinzessin auf der Wartburg
  • die Legende vom „Rosenwunder“
  • den Abschied der Landgräfin von ihrem Ehemann, der zum Kreuzzug aufbricht
  • ihren Weggang von der Wartburg nach seinem Tod
  • ihr Sterbelager im Marburger Hospital und
  • die Erhebung ihrer Gebeine aus Anlass der Heiligsprechung 1235

Elisabeth wurde bereits als Kind dem Landgrafen von Thüringen versprochen und bereits mit 4 Jahren, ausgestattet mit reicher Mitgift,  nach Thüringen gebracht.  Ihre kurze, glückliche Ehe mit  Ludwig IV., Landgraf von Thüringen, Pfalzgraf von Sachsen und Graf von Hessen, endete bereits 1227, als ihr Mann als Kreuzfahrer in Süditalien an einer Seuche starb.

Die gemeinsamen Kinder waren Hermann von Thüringen II.  (1222–1241), er starb bereits mit 19 Jahren und wurde angeblich vergiftet. Sophie von Brabant (1224–1275), deren Sohn Heinrich war der erste Landgraf von Hessen, so dass Elisabeth oft auch als Stammmuter des Hauses Hessen betrachtet wird. Eine Statue von Sophie mit ihrem kleinen Sohn steht auf dem Marburger Marktplatz. Aufgrund dieser historischen Verbindungen ist Marburg  die Partnerstadt von Eisenach. Gertrude von Altenberg (1227–1297), die erst nach dem Tod ihres Vaters zur Welt kam. Sie wuchs  im Kloster Altenberg bei Wetzlar heran und wurde schon mit 21 Jahren dessen Äbtissin

Nach dem Tod ihres Mannes folgt Elisabeth ihrem strengen Beichtvater Konrad nach Marburg, um dort ein Leben in Armut, Keuschheit und Demut zu führen. Dem höfischen Prunk auf der Wartburg hatte sie stets ablehnend gegenüber gestanden. In Marburg gründete sie ein Spital und kümmerte sich besonders um die Aussätzigen und verschenkte schließlich sogar ihr Vermögen. Sie starb nach nur dreijährigem Wirken im Alter von 24 Jahren völlig verarmt an Auszehrung und wurde in der Kapelle ihres Hospitals bestattet.
Bereits vier Jahre nach ihrem frühen Tod, 1231, wird sie von Papst Gregor IX. aufgrund ihrer karitativen Aktivitäten heilig gesprochen.

Als nächstes kamen wir in den Sängersaal. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts belebten Sänger und Dichter, unter ihnen Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach  die Wartburg. Die Sage vom Sängerkrieg  wird dargestellt auf einem Fresko  von Moritz von Schwind und wurde bekannt durch die Wagner-Oper »Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg.“ Überrascht hörten wir, dass der Verlierer des Sängerwettstreites gehängt wurde  (und heutzutage machen bei uns sogar noch die Verlierer von DSDS  Karriere!)

Das Landgrafenzimmer nebenan diente als Richter- und Audienzzimmer. Die Mittelsäule mit dem prächtigen Adlerkapitell und dem Löwen zeugte von Macht und Stärke der damaligen Herrscher. Der Löwe wurde ursprünglich von den Ludowingern benutzt und wird bis heute in Hessens Wappen verwendet.

Das letzte und prächtigste Zimmer unseres Rundgangs war der Festsaal. Dieser  erstreckt sich über die gesamte Länge und Breite des Palas der Wartburg und beeindruckt durch die kostbare Ausstattung. Da dieser Raum eine hervorragende Akustik hat, gehört er heute zu einem der beliebtesten Konzertsäle Deutschlands. Dort erfuhren wir auch, woher die Farben der deutschen Flagge kommen:  Schwarz-Rot-Gold waren die Farben der Jenaer Urburschenschaften, die sich im Jahre 1817 erstmal auf der Wartburg trafen, um als revolutionärer Bewegung gegen  Kleinstaaterei und für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung kämpfen. Zur Erinnerung daran findet auch heute noch alljährlich das Wartburgfest statt: zum 300. Reformationsjubiläum und anlässlich des vierten Jahrestages der Leipziger Völkerschlacht gegen die napoleonische Fremdherrschaft versammeln sich am 18. Oktober 500 Studenten zum Wartburgfest, der ersten bürgerlich-demokratischen Versammlung in Deutschland. Unter dem Motto „Ehre – Freiheit – Vaterland“ kämpfen sie um einen geeinten Nationalstaat und verfassungsmäßig garantierte Freiheiten.

Im Museum, welches wir nach dem Rundgang durch den Palas ohne Führung besuchen können, sahen wir Schätze aus dem Mittelalter. Leider blieb uns nicht mehr genügend Zeit, um alle Kostbarkeiten zu bestaunen. Es hatte immer eine Weile gedauert, bis sich unsere große Gruppe in den jeweiligen Räumen eingefunden hatte, so dass wir bereits in Zeitverzug geraten waren.

Beim Verlassen der Kunstsammlung konnten wir aus einem Fenster das  Burschenschaftsdenkmal auf der gegenüberliegenden Göpelskuppe. Das 33 Meter hohe Bauwerk ist jenen gewidmet, die im 19. Jahrhundert unter Einsatz ihres Lebens für Einheit und Freiheit in Deutschland eintraten.

In die Lutherstube in der Vogtei, wegen der Enge sowieso nicht zugänglich, konnten wir im Vorbeigehen nur einen kurzen Blick werfen. Martin Luther hatte während des Wormser Reichstags einen Widerruf seiner Thesen verweigert und war in „Acht und Bann“ geraten. Kurfürst Friedrich der Weise bot Luther Schutz auf der Wartburg.  Hier lebte er 10 Monate als Junker Jörg und übersetzte das Neue Testament in nur 10 Monaten in die deutsche Sprache.

Am Hotel und Restaurant auf der Wartburg vorbei erfolgt dann wieder der Abstieg zu unserem  Bus, der uns wieder in die Innenstadt brachte. Dort wurden wir von 2 weiteren Führern, nämlich Herwig Stein und Hartmut Winkler, durch die Altstadt zum Augustiner Bräu geführt, wo wir bereits zum vorbestellten Mittagessen erwartet wurden.

Um 14.30 Uhr holten uns die beiden Altstadtführer Christa und Klaus Dieter Wolf am Gasthaus ab. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl wurden für unseren Rundgang zwei Gruppen gebildet. An einem schattigen Platz im Hof des Martin-Luther-Gymnasiums am ehemaligen Dominikanerkloster machte man uns zunächst mit der Geschichte Eisenachs vertraut, die wir auch teilweise schon von unserem Wartburgführer gehört hatten.

In neuerer Zeit setzte später dann auch in Eisenach die Industrialisierung ein. So wurde 1896 die Fahrzeugfabrik  Eisenach gegründet, wo zunächst  der Wartburg Motorwagen gebaut wurde, ein Vorläufer der heutigen Automobile. 1904 wurde dort mit der Produktion des DIXI begonnen. Die  Bayrischen Motorenwerke München kauften 1928 die DIXI -Fahrzeugfabrik Eisenach. Im April 1981 wurde der 1.000.000ste PKW Wartburg übergeben und genau 10 Jahre später – nach der Wende – wurde die Produktion eingestellt. Die  über 100jährige Tradition des Automobilbaus wurde nach 1990 durch die Adam Opel AG fortgeführt.  Die Werke der Automobilindustrie wie Opel und Bosch beschäftigen heute über 4000 Mitarbeiter, was Eisenach zu einem Industriezentrum Thüringens macht.

Ebenfalls zur neueren Geschichte Eisenach gehört das denkmalgeschützte Villengebiet mit mehr als 100 herrschaftlichen Villen. Es ist das größte zusammenhängende Gebiet freistehender Villen europaweit, welches zwischen 1862 und dem Ersten Weltkrieg entstand. Zu dieser Zeit war Eisenach ein Anziehungspunkt für wohlhabende Bürger. Unser Zeitplan lies eine Besichtigung aber nicht zu.

Weiter ging es zur Georgenkirche, hier wurde 1221 die damals 14jährige Elisabeth mit dem 21jährigen Ludwig von Thüringen vermählt. Ein weiterer berühmter Sohn Eisenachs, Johann Sebastian Bach, geboren im März 1685, wurde in dieser Kirche getauft. Auch Georg Philipp Telemann, ein Zeitgenosse Bachs, wirkte in dieser Kirche.

Im nahe liegenden Stadtschloss auf dem Marktplatz ist heute das Thüringen-Museum untergebracht. Daneben befindet sich das Rathaus, es wurde  wegen Einssturzgefahr im Jahr 1996 renoviert wurde.  Am unteren Ende des Turmerkers ist noch die„Eisenacher Elle“ zu sehen, ein Tuchmaß für Händler und Käufer, sowie eine Öse des Prangers.

Durch die Fußgängerzone in der Karlstraße gelangten wir zum „Schmalen Haus“ –  mit einer Breite von 2 Metern ist es eines der kleinsten bewohnten Häuser Deutschlands.

Die „Karlstraße“ ist seit dem 12. Jahrhundert ein wichtiger innerstädtischer Abschnitt der Via Regia, der ältesten und längsten Landverbindungen zwischen Ost- und Westeuropa. Sie existiert seit mehr 2.000 Jahren und verbindet mit 4.500 km Länge 8 europäische Länder. Die  Bundesstraße 7 folgt teilweise dem historischen Verlauf der Via Regia.

Über die Schmelzerstraße kamen wir zum 500 Jahre alten Lutherhaus, einem der schönsten Fachwerkshäuser Eisenachs. Es gehörte der wohlhabenden Familie Cotta und Martin Luther verbrachte hier als Lateinschüler seine Kindheit. In Vorbereitung auf das Lutherjahr 2017, in dem 500 Jahre Reformation gefeiert werden, wird das Haus z. Zt. renoviert, da von Bund und Land auch reichlich Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.

Unser nächster kurzer Stopp galt einem „profanen“ Gebäude: wir standen vor einem der Häuser, in der die Fernsehserie „Familie Dr. Kleist“ gedreht wurde.

Am Ende unseres Rundgangs gelangten wir zum Bachhaus, es gilt als Geburtshaus von Johann Sebastian Bach und beherbergt heute das Bachmuseum. Das alte Gebäude wurde vollständig restauriert und mit einem modernen (hässlichen) Anbau verbunden. Ein überdimensionales Bachdenkmal befindet sich in einem kleinen Park vor dem Museum.
Auch der Komponist Georg Philipp Telemann  kam 1708 nach Eisenach. Telemann – der zu Lebzeiten berühmter war als Bach – hat hier als Konzert- und später als Hofkapellmeister gelebt und gewirkt.

Nach dieser Fülle von Informationen hatten wir eine Stunde zur freien Verfügung, bevor wir um 17.00 Uhr die Heimfahrt antraten.
Für alle war es ein wieder ein gelungener Ausflug – dank der guten Organisation von Hartmut Winkler. Auch das  Wetter hatte im Großen und Ganzen mitgespielt – wie immer, wenn unser erster Vorsitzender Herwig Stein mit von der Partie ist, er hat anscheinend einen guten Draht nach oben!

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