Linda die Chamounix

Linda die Chamounix

Das Stadttheater Gießen  geht bei der Gestaltung der Opernsparte einen Weg, der von vielen anderen kleineren Theatern für zu riskant gehalten wird, und hat damit Erfolg: mindestens die Hälfte der Produktionen sind Raritäten, Ausgrabungen oder moderne Opern und das Gießener Theater hat dadurch bundesweit anerkennendes Aufsehen erregt.

So wurde der Kulturring Allendorf/Lda. eigens zu einer Einführungsveranstaltung für  die ebenfalls unbekannte Oper „Linda die Chamounix“ von Gaetano Donizetti eingeladen. Um 18.45 Uhr wurden wir bereits von Christian Schröder erwartet, der auch für die Dramaturgie der Oper verantwortlich war.  Herr Schröder studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Romanistik und ist seit Beginn der Spielzeit 2012/13 Dramaturg für Musiktheater am Stadttheater Gießen.

Endlose Stufen führten uns zur Probebühne in der gegenüberliegenden Bezirkssparkasse. Dort machte uns Christian Schröder auf die Besonderheiten der selten aufgeführten Belcanto-Oper aufmerksam.  Belcanto heißt „Schöner Gesang“  und bezeichnet in der Musik die Gesangstechnik, die in Italien zu Beginn des 17. Jahrhunderts  entstand. Und von dem schönen Gesang der Mitwirkenden konnten wir uns anschließend überzeugen, allen voran die Sopranistin aus dem baskischen Bilbao mit dem unaussprechlichen Namen Naroa Intxausti in der Titelrolle der „Linda“. Ebenso beeindruckend waren auch Chor- und Extrachor des Stadttheaters, ergänzt vom Kinder- und Jugendchor.

Kurzinhalt:
Linda, ein armes Mädchen aus den französischen Bergen, liebt den Maler Carlo, der aber in Wirklichkeit der Sohn einer Marquise ist. Dessen Onkel möchte sie verführen und bietet deshalb den in finanzieller Not befindlichen Eltern des Mädchens Geld dafür, dass er sie als Dienstmädchen mit nach Paris nehmen darf. Der Präfekt des Ortes erkennt dies und überzeugt den Vater, die Tochter stattdessen mit den anderen Kindern des Ortes als „Saisonarbeiter“ in die Großstadt zu schicken, um einer „Entehrung“ zu umgehen. In Paris offenbart Carlo Linda gegenüber seine Herkunft und bringt sie in einer feinen Wohnung unter. Seine Mutter hat in Kenntnis dessen eine Hochzeit mit einer standesgemäßen Braut anberaumt. Lindas Vater erkennt beim Besuch von Carlos Wohnung die Tochter erst nicht – und verstößt sie dann, da er der Ansicht ist, sie habe sich verkauft. Als Linda darüber hinaus von der bevorstehenden Vermählung Carlos erfährt, wird sie wahnsinnig. Im Heimatdorf bedauern alle Lindas Schicksal, von der der Wahn bei Carlos Erscheinen – der natürlich in letzter Sekunde dann doch nicht geheiratet hat – abfällt. Die Verliebten fallen sich in die Arme und träumen von einer sorgenfreien Zukunft.

Der Zuschauersaal des Theaters war bis unter die oberen Ränge voll besetzt bei dieser letzten Vorstellung. Die Kulisse schien, ebenso wie Lindas Welt, etwas in Schieflage geraten zu sein: Der erste Akte spielte in einem asymmetrischen kirchenähnlichen Wohnzimmer, der zweite Akte dann in einer noblen Pariser Wohnung, ehe man im letzten Aufzug wieder das Haus sah, in dem nun alles aus den Fugen geraten war. Warum allerdings Linda ab und zu in einem Schrank verschwand, erschloss sich uns leider nicht.

Nach der fast dreistündigen Aufführung wurden alle Beteiligten mit nicht enden wollendem Applaus belohnt. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es sich durchaus lohnt, auch selten gespielte Stücke in das „Repertoire“ des Kulturrings aufzunehmen. So haben wir in der Vergangenheit schon die meist unbekannten Opern „Lo Schiavo“ von Carlos Gomes und „La Favorita“ – ebenfalls von Gaetano Donizetti –  gesehen und waren von den gezeigten Aufführungen immer hellauf begeistert.

Auch in der Saison 2015/2016 des Stadttheaters Gießen stehen wieder überwiegend
unbekannte Werke auf dem Spielplan. Nicht zuletzt aus diesem Grund planen wir unter anderem wieder eine Fahrt in das Staatstheater Kassel sowie einen Besuch in ein weiteres Theater unserer Region und hoffen, mit der Auswahl der Stücke den Geschmack unserer Mitglieder treffen zu können.

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